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Altes im Neuen / Neues im Alten ...

Musikalische Opfer

Jesu meine Freude

  Konkrete Poesie

Uwe Johnson

Duineser Elegien und „Orpheus klingt!“

Celan-Projekt

Eugen Egners „Olga La Fong“

  Vertonung von Bildern

JUHA - live vertont

Nathan der Weise - live vertont

homezoom

  Lieselotte im Schnee

Foxtrott

Helma legt los

Die Stadtmaus und die Landmaus

Wie weihnachtelt man?

Herr Eichhorn und der erste Schnee

ich mit dir, du mit mir

mutig, mutig

Gehört das so??!

Die Mausefalle

  Ideen und Visionen

Konkrete Poesie

"Humor ist der Knopf, der verhindert, dass uns der Kragen platzt."

Als wir mit An Kuohn anfingen an diesem Programm zu arbeiten, hat uns dieser Satz von Ringelnatz irgendwie überzeugt. Denn uns könnte oft der Kragen platzen angesichts einer Welt, die sich offensichtlich dem Irrsinn verschrieben hat. Joachim Ringelnatz und Christian Morgenstern ging es wohl ganz genau so. Ihre Gedichte sind nicht nur skurril und lustig. Sie sind auch ein Versuch, die damals schon irre Welt zu verstehen und zu deuten. Seltsame Tiere, mystische Begebenheiten und rätselhafte Weisheiten treffen auf Alltagsbeobachtungen und Philosophie. Wie wird man mit einer offenkundig verrückten Welt fertig? Wo findet man Halt auf der schiefen Ebene des Alltagswahnsinns? Mit Flöte und Geige und einer breiten Palette theatralischer Elemente, haben wir mit An Kuohn aus dieser komischen, ironischen und kabarettistischen Lyrik ein Programm gebaut, dass einem hilft über die Untiefen des Alltags hinweg zu stolpern.

"DAS GROSZE LALULA" lautet der Titel eines Gedichts von Christian Morgenstern, nach dem wir unseren ersten Ausflug ins Reich der Konkreten Poesie benannt haben. Schon im Jahr 2000 in die Welt getreten, ist dieses Programm noch immer ein hochexplosives Erlebnis, dass den Witz und die Musikalität "purer" Sprache sinnlich erfahrbar macht.

Die von uns ausgewählten Texte von Christian Morgenstern, Kurt Schwitters, Ernst Jandl und Eugen Gomringer haben den Akt des Sprechens selbst zum Gegenstand. Durch die scheinbar willkürliche Sortierung von Wörtern und Silben entsteht, zumindest oberflächlich betrachtet, sogenannter "Unsinn ". Doch dieser Unsinn hat es in sich, denn er macht uns entlarvende Mitteilungen über Sprache und Bilder. 

Kurt Schwitters sagte einmal: "Mir tut der Unsinn Leid, dass er bislang so selten künstlerisch geformt wurde." Uns tat er schließlich auch Leid, und so sind wir tätig geworden. Wir zeigen, wie viel Musik in Konkreter Poesie steckt, und bringen sie zum Klingen. Mit dem "Circus Vocalis" sind wir dann mit anderen Texten weiter auf dieses auch musikalisch spannende Gebiet vorgedrungen. 

Uwe Johnson

die Grenze: die Entfernung: der Unterschied
ein Live-Hörspiel nach dem Roman "Das dritte Buch über Achim" von Dietmar Mues und sonorfeo

Scheinbar handelt es sich um eine Reise in die Vergangenheit, in das Deutschland der Nachkriegszeit. Obwohl Uwe Johnsons Geschichte kurz vor dem Mauerbau spielt, ist es doch auch eine Reise in die Gegenwart.
Die Grenze zwischen den beiden Staaten die "drei Meilen vor der Küste anfängt mit springenden Schnellbooten, junge Männer halten sie in den Ferngläsern, scharf geladene Geschütze reichen bis zu dem Stacheldrahtzaun, der heranzieht an den freundlichen Strand der Ostsee", wir sehen sie heute nicht mehr, sehen nicht mehr "zehn Meter breit aufgepflügt den Kontrollstreifen drängen in den eigens gerodeten Wald, die Karrenwege und Trampelpfade, eingesunken und zugewachsen", erinnern uns kaum noch der "Übergänge für den Verkehr auf der Straße auf Schienen in der Luft: was du sagen mußt bei den Kontrollen (was man dir sagt) auf der einen und der anderen Seite, wie die Baracken unterschiedlich aussehen und die Posten unähnlich grüßen und das schreckhafte Gefühl der fremden Staatlichkeit".
Diese Grenze, bei der Wiedervereinigung schnell entfernt, wirkt weiter. Sie ist als Bauwerk verschwunden aber innerlich längst nicht überwunden. Sie gehört zu unserer Geschichte und will verstanden werden. Unser zweites Johnson-Projekt ist eine Annäherung an die Gegebenheiten der deutschen Teilung. Was war, woraus bestand, welchen Sinn hatte diese Grenze? Wo sind jene Grenzen auch heute noch spürbar? Mit Uwe Johnson versuchen wir eine Annäherung.

Das Zusammentreffen mit Dietmar Mues ist für uns ein besonderer Glücksfall. Dietmar Mues hat nicht nur ein traumwandlerisch sicheres Gespür für Uwe Johnson, sondern auch eine Liebe zu ungewöhnlichen Projekten. Wir arbeiten bei diesem Projekt musikalisch eng mit Dieter Glawischnig zusammen. So trifft sonorfeo mit seinen Ideen auf zwei "Altgediente" mit einer sehr großen künstlerischen Bandbreite und Erfahrung. Auf diese Weise entsteht ein Ensemble dass nicht nur in Neuer Musik und Jazz zu Hause ist, sondern auch vielfältige Erfahrungen mit Improvisation und "Annäherungen" hat.

Foto: Heinz Lembäcker

Cydamonoe ist eine Montage mit Texten Uwe Johnsons und enthält Teile der Mutmaßungen über Jakob, der Jahrestage und Johnson'scher Prosa. Sie gibt keine durchgehende Handlung wieder, sondern setzt verschiedene Geschichten und Bilder des Autors zu einem akustischen Kunstwerk zusammen, das eine Annäherung an die Sprach- und Bilderwelt Johnsons ermöglicht, auch ohne sein umfangreiches Werk ganz gelesen zu haben. 

Durch die musikalische Bearbeitung der Texte wird es dem Publikum leicht gemacht, sich auf Johnsons trockene Knorrigkeit und seinen hintergründigen Humor einzulassen. Wir konfrontieren das "Sperrige" an Johnsons Erzählkunst mit unserer Musik, die deutend und kommentierend simultan miterzählt und so Mutmaßungen über Werk und Autor anstellt. 

Beim Umgang mit den Texten stellten wir schnell fest, dass der feine Humor und die scharfe Beobachtung menschlicher Umstände während der deutschen Teilung Uwe Johnson für uns sehr interessant machen. Das Heranspüren an die Welt des Autors gewährte uns eine neue, intime Sicht auf die seelische Verfassung der deutschen Bevölkerung beider "Seiten". Eine Verfassung, die lange noch nicht verarbeitet, geschweige denn geklärt und gelöst ist. 

Duineser Elegien und „Orpheus klingt!“

Die Duineser Elegien verdanken ihren Namen einem mehrmonatigen Aufenthalt Rilkes auf Schloss Duino, wo er erstmals 1910 auf Einladung der Fürstin Marie v. Thurn und Taxis verweilte. Rilke rang 16 Jahre um die Fertigstellung dieser großen dichterischen Gesänge. In ihnen begegnet das Individuum, das vereinzelte Ich, auf der Suche nach Entfaltung und Bestimmung mächtigen Archetypen. Das werdende, fragende Ich beleuchtet seinen eigenen Innenraum: "Nirgends, Geliebte wird Welt sein, als innen" . Es muß sich messen und bewähren an den von außen kommenden, überpersönlichen Gesetzmässigkeiten, dichterisch gefasst und gleichsam in eine poetische Essenz gegossen in die großen Bilder: der Engel, der Liebenden, des Helden, der früh Verstorbenen ...
Jenseits einer rein intellektuellen Deutung entfaltet die machtvolle, doch immer wieder überraschend zarte Metaphorik der Rilke'schen Sprache eine starke seelische Realität und Aktualität. Sie springt unmittelbar ins Gefühl, fordert jedoch im nächsten Moment entschieden das Denken heraus; ein Oszillieren das zugleich Klippe und herausfordernder Reiz bei der Beschäftigung mit den Elegien ist. Aus dieser Sprache heraus wird Rilkes Dichtung zur Elegie, zum musikalisch klagenden Gesang.
Rilke war nach eigenem Bekunden auf der Suche "nach einer Musik hinter der Musik" . Wir begeben uns mit der Schauspielerin An Kuohn auf die Suche nach dieser Musik. Die Musik folgt dabei den archetypischen Bildern des Textes, in Spiegelung und Entsprechung, wie auch in Konflikt, Überhöhung oder Kontemplation.

Die Sonette an Orpheus vollendete Rainer Maria Rilke als letzten Gedichtzyklus direkt nach Beendigung der Duineser Elegien. Das Werk streift nicht nur Lebensstationen des mythischen Sängers, sondern deutet die orphische Philosophie für unsere Zeit. Wie kann sich der heutige Mensch wieder der Natur annähern und ihrer lebensspendenden Kraft teilhaftig werden? Ist ein Weg, der kein Rückweg ist sondern ein mutiges Fortschreiten in neue Richtung, denk- und lebbar? Jenseits aller Romantik und mit oft verkannter Radikalität in Bildern und Sprache stellt Rilke diese Fragen, ohne sie sogleich leichtfertig zu beantworten. Er erreicht damit in seiner Lyrik eine philosophische Aktualität, die immer wieder unterschätzt wird. 

Dieser Aktualität stellen wir Musik an die Seite, aber auch entgegen. Einerseits um die Bilder, Lehrsätze und Bekenntnisse aus den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts in die Gegenwart zu holen und damit jetzt erlebbar und verstehbar zu machen. Andererseits um das verklärte Bild des "hübschen" Dichters, des ästhetischen Reimschmiedes, mindestens zu relativieren.
Der "schöne" Rilke, eines der Lieblingskinder des Bildungsbürgers, ist bei genauerer Betrachtung von einer Modernität und Schonungslosigkeit, mit der wir auch heute noch ganz enorme Schwierigkeiten haben. Unter anderem deshalb, weil er uns an moralische und theologische Abgründe führt – zwei Dinge, die wir nicht besonders schätzen, da wir ihnen meistens nichts entgegenzusetzen haben.

Wir gehen mit diesem Projekt in zwei Richtungen: zum einen befördern wir die Rilkeschen Sonette ins Jetzt, aus der historischen Zeit und den damit verbundenen Klassifizierungen in die Gegenwart. Zum anderen eröffnen wir einen intuitiven Zugang zu dieser hochkomplexen Lyrik, die beim einmaligen Hören schwer verstehbar erscheint. Wir stellen mit der Musik dem analytischen Verständnis das intuitive an die Seite, damit am Ende, wenn schon keine vollständig intellektuelle, so doch eine gefühlsmäßige Durchdringung der Sonette an Orpheus möglich ist.

Celan-Projekt

Paul Celans Lyrik zu vertonen ist ein aufregendes Abenteuer. Wie können seine abstrakten Bilder und symbolträchtigen Verse in Musik übersetzt werden? Wie wird man diesen Bildern, dieser Sprache gerecht, wie der immer spürbaren jüdischen Kulturtradition in seinem Werk, und wie können wir dem als deutsche Künstler gerecht werden? 

Wir haben uns dem Wagnis gestellt, diese vom Holocaust durchtränkten Gedichte mit unserer Musik zu konfrontieren. Es ist der Versuch, dem schweren Celan zu folgen in seine dunklen, bitteren Bilder – und dem "leichten", eher unbekannten Celan, dessen Kunst ins Spielerisch-Surreale reicht. Beide Aspekte zusammen machen ihn für uns zu einem der größten Dichter des zwanzigsten Jahrhunderts. Die Einschätzung, seine Gedichte seien schwer zugänglich, unverständlich und kryptisch, hat Celan immer überrascht; ihm selbst erschienen sie sachlich und klar. Wie schwer aber ist es tatsächlich, Paul Celan zu folgen? Seit einem Dreivierteljahrhundert an kryptische Harmonik in der Musik und unverständliche Symbolik in der Malerei gewöhnt, muss man sich auch für diese Gedichte den Kopf frei machen und bereit sein, sich auf eine Wanderung durch unbekanntes und ungemütliches Terrain zu begeben. Wir begleiten diese Wanderung durch Celans Welt musikalisch und knüpfen Verbindungen zwischen den ernsten und den dadaistischen Gedichten. Dabei ist es überraschend, wie schnell diese Kategorien verblassen, sich auflösen und dennoch wirksam bleiben.

"Diese Musik lockt in Celans musikalische Sprache, lockt zu Assoziation und Improvisation." 

Eugen Egners „Olga La Fong“

Die Begegnung mit Eugen Egner hat zu einem sehr speziellen Ergebnis geführt, der Vertonung seiner ersten Sparoper „Olga La Fong“. Über den Autor ist vieles geschrieben worden, kluges und noch klügeres, und so wollen wir dem hier nichts hinzufügen. Für uns war es nicht nur eine Ehre mit dem einzigen echten Groteskenschreiber deutscher Zunge („wieso Zunge, ich schreibe mit dem Stift!“) zu arbeiten, sondern auch eine große nicht endende Freude („was hatten wir für einen Spaß!“). Nein im Ernst: mit dem Autor selbst an der E(gner)-Gitarre mutiert sonorfeo (fl, vl, vcl) zu einem Klanggebilde das egnerschen Welten entsprungen zu sein scheint. Es entsteht ein Sound der es in sich hat. Wir freuen uns mit Eugen Egner, dass wir David Becher nicht allzu lange bitten mussten uns als Sprecher zu unterstützen. Und so ist es nun soweit „Olga La Fong“, die von sich selbst sagte: „Ich bin Olga La Fong, so ein Mädchen gibt es kaum noch einmal.“, ist ab dem 8. Mai 2007 zu hören! 

Die Handlung der Oper finden Sie natürlich noch nicht in Ihrem Opernführer, daher hier in aller Kürze: Jemand muss zu Olga La Fong reisen um ein Foto zu machen, tut dieses auf seltsame Weise und scheitert an seiner Aufgabe auf noch seltsamere Weise. 

   

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